Tove S.
Vorbemerkung:
Ich möchte zuerst zwei Danksagungen aussprechen: Mein großer Dank geht zunächst an all jene, die diesen tollen Anlass organisiert haben.
Ich möchte mich aber auch bei meinen MitstreiterInnen aus der Schweiz bedanken. Was ich im Folgenden vortragen werde, ist unter anderem auch das Resultat eines kollektiven Denkprozesses, der ihm Rahmen zweier Kollektive stattgefunden hat, die beide im Zuge der Corona-Krise entstanden sind. Das eine Kollektiv, der Feministische Lookdown versucht, diese Krise aus einer feministischen Perspektive zu beleuchten; wir forderten u.a. gleich zu Beginn der Corona-Krise die Verdoppelung der Ausgaben für das Pflegepersonal unter Streichung aller anderen Maßnahmen, natürlich vollkommen ungehört; das andere Kollektiv, „Linksbündig“, reflektiert diese Krise aus einer dezidiert linken, d.h. kapitalismuskritischen Perspektive. In beiden Kollektiven wollten wir verstehen, was der Sinn der so offensichtlich unsinnigen Massnahmen sein könnte. Kurz: Unsere Frage war, womit wir es bei Corona eigentlich zu tun haben.
Ohne diese kollektive Denkarbeit könnte ich das Folgende nicht formulieren. Mein Dank gilt deshalb an dieser Stelle auch diesen beiden Kollektiven.
Was also ist Corona? Ich werde im Folgenden nicht von einer Pandemie sprechen. Corona wäre gemäß den Kriterien der WHO, die bis 2009 Gültigkeit hatten, keine Pandemie gewesen. Damals strich die WHO das entscheidende Kriterium für die Ausrufung einer Pandemie, nämlich die weltweite Verbreitung eines neuen Virus „with enormous numbers of death and illness“ (Green/Fazi: 79). Wie wir alle wissen, hat Covid-19 die Sterblichkeitsrate einer mittelschweren Grippe – ein Umstand übrigens, der wissenschaftlich bereits im Sommer 2020 feststand – und würde also nicht unter diese Definition „enormous numbers of death“ fallen. Ich spreche im Folgenden auch nicht von „Maßnahmen“ oder „Schutzmaßnahmen“, sondern, in Anlehnung an Toby Green und Thomas Fazis Buch: The Covid Consensus. The Global Assault on Democracy and the Poor – A Critique from the Left schlicht von „staatlichen Antworten auf das Auftreten eines neuen Corona-Virus“. Wir haben es seit März 2020 nicht mit dem Virus zu tun, sondern mit den Antworten auf dieses Virus.
Meine Aussage ist nun schlicht: Diese Antworten folgen einer Logik. Sie antworten auf die Erfordernisse und Krisen der Kapitalakkumulation. Man muss nicht Verschwörungstheoretikerin sein, um von einer Logik zu sprechen. Das Kapital genügt. Mit andern Worten ist Corona für mich Ausdruck einer totalitären Drift, die dem liberalen Kapitalismus in der Tendenz inhärent ist und die sich bereits in den autoritären Zügen des Neoliberalismus zeigte. Corona setzt diese lediglich fort und verschärft sie. Es gibt jedoch einen entscheidenden Unterschied. Es ist heute die Linke, die diesen Autoritarismus hauptsächlich verteidigt. Dieser neue Autoritarismus erscheint all jenen, die sich vor 2020 dem neoliberalen Zugriff auf unser Leben noch entschieden entgegenstellten, nicht länger als solcher. Neu ist also, dass nicht nur die parlamentarische und somit staatstragende Linke dem Charme der neoliberalen Offensive erlegen ist, sondern nun auch die außerparlamentarische Linke ihre Distanz zu Staat und Kapital aufgegeben hat und in diesen Konsens einstimmt: In der Folge findet diese totalitäre Drift heute ihre größte Stütze in der außerparlamentarischen Linken.
Ich würde also nicht so sehr sagen, die neoliberale Ideologie und Wirtschaftsweise sei abgetreten; Neoliberalismus war schon immer und vor allem eines: eine staatliche hochgerüstete Form der autoritären Durchsetzung sogenannter Marktkräfte, die immer künstlich, das heißt, induziert sein müssen, da es sie als solche nicht gibt. Die neoliberale Ideologie ist immer noch am Ruder. Aber geändert hat sich ihre Speerspitze: Es ist nun bizarrerweise die Antifa, die Feministinnen, die Autonomen und die Anarchistinnen, die diese Form des Kapitalismus verteidigt. Daher die systematische Unschärfe. Wir haben es mit einer konstitutiven Verwirrung zu tun, die überall, auch zwischen uns, besteht.
Ich möchte deshalb zunächst, und in der mir gebotenen Kürze, einige Grundlagen zusammenfassen.
Die Antworten auf das neue Corona-Virus haben nicht Leben gerettet, sie haben im Gegenteil insgesamt weltweit zu einer massiven Übersterblichkeit geführt. Und sie haben insb. im globalen Süden absolut zerstörerische Auswirkungen gehabt und damit die Schere zwischen dem globalen Süden und dem globalen Norden massiv verschärft. Ich betone nochmals: nicht das Virus hat das getan, sondern die Antworten darauf. Um dies etwas auszuführen:
– Es gibt weltweit keine Evidenz dafür, dass in Ländern mit harten Lockdowns weniger Menschen gestorben sind als in Ländern mit wenig oder keinen Lockdowns. Es gibt umgekehrt aber starke Hinweise dafür – ich verweise dazu auf das statistische Material, das Tobby Green in seinem Buch The Covid Consensus. The new Politics of global inequality zusammengetragen hat (p. 208-218), dass die Todesrate von Covid-19 mit der Qualität des Gesundheitssystems in den jeweiligen Länder korreliert und nicht mit der Härte der Lockdowns. Ja, umgekehrt ist es sogar so, dass die Länder mit den härtesten Lockdowns auch die höchsten Todesraten zu verzeichnen haben. Hier ist Peru an erster Stelle zu nennen.
– Ebenso wenig gibt es eine Evidenz dafür, dass die Impfung Leben gerettet hat. Es werden schlicht keine Daten zu dieser Frage erhoben. Das einzige Land, wo diese Daten über den Impfstatus vorliegen: England, zeigen ein sehr anderes, ja geradezu beängstigendes Bild. Christian Baur von Linksbündig hat sich diese Daten angeschaut. Aufgrund dieser Daten muss geschlossen werden, dass Menschen mit einer Covid-Impfung ein sehr viel höheres Risiko haben, an Covid-19 zu sterben und dass sie auch sonst ein höheres Sterberisiko aufweisen als Nicht-Geimpfte. Über diese Daten liest man in den offiziellen Medien nichts, obwohl sie frei zugänglich sind. Andere Länder wie Deutschland oder die Schweiz erheben den Impfstatus von an Covid 19 Verstorbenen nicht einmal. Trotzdem behaupten sie, die Impfung schütze vor schweren Verläufen. Es gibt keine Daten, die diese Aussage stützen.
Es geht also auch nicht um Wissenschaft. Vielmehr muss man vom verworrenen Status des Wissens sprechen: Der Staat wedelt beständig mit „der Wissenschaft“, will aber gleichzeitig dezidiert nichts wissen: Keine der angewendeten Maßnahmen wurden je evidenzbasiert auf ihre Wirkung hin überprüft oder mit entsprechenden Studien begleitet.
Es wäre also m.E. völlig fehlgeleitet zu sagen, das alles war zwar zum Schutz des Lebens, aber es war politisch autoritär, und darum sind wir dagegen. Das unterschätzt in einer für mich unverständlichen Weise, womit wir es zu tun haben.
Und damit komme ich zu meinem ersten Punkt.
1. Der Global Biosecurity State
Zu sagen, die sogenannten Corona Schutzmaßnahmen hätten dem Schutz des Lebens gedient, ist ungefähr so sinnvoll wie zu sagen, das Pentagon diene dem Schutz des Lebens. Die Aussage ist nämlich nicht ganz falsch. In der Logik ihrer Erfinder ist sie sogar richtig. Diese Logik entstammt einem Militärdispositiv, das in einem Komplex supranationaler Netzwerke entwickelt wurde, die wir kaum kennen und viel zu wenig beachten, die aus Internationalen Organisationen wie der WHO, GAVI, CEPI oder der Eco Health Allianz, Mega-Stiftungen wie die Rockefeller Stiftung oder die Bill and Melinda Gates Stiftung und – oftmals dem Militär angegliederten – Forschungseinrichtungen bestehen, ein Komplex, der meist und etwas euphemistisch als Public-Private-Partnerschaft bezeichnet wird und den ich in Anlehnung an Simon Elmer als „Global Biosecurity State“ bezeichne. Dabei ist wichtig zu verstehen: Die Nationalstaaten sind Ausführende der Konzepte des Global Biosecurity State, sie sind nicht selber die Akteure.
Das Gesellschaftsbild dieses militärischen Dispositivs besagt in etwa, dass Probleme der Gesellschaft nicht primär politischer Natur sind, sondern als eine Frage der Sicherheit aufzufassen sind, die ausschließlich technologischer Lösung bedürfen. Zu den zu bewältigenden Bedrohungen gehören soziale Unruhen ebenso wie natürliche Viren oder Bioterrorismus. Es gibt keinen Unterschied zwischen gesellschaftlichen Konflikten und Naturereignissen, da beide nach denselben Antworten verlangen. All hazard approach oder One Health heisst das dann in der bio-security-Sprache: Egal ob es sich um die Eindämmung von Viren oder Aufständen handelt, beides sind Sicherheitsrisiken. Da man aber Risiken vorbeugen will, das Stichwort hier ist All Hazard Preparedness, und Risiken per definitionem immer existieren, ist dieses Paradigma auf Dauer gestellt, es gibt kein „danach“, da dieses bereits wieder ein „davor“ ist. Und so soll es auch sein. Es geht bei One Heath – also der Vorstellung, dass sich Biosecurity um die Interaktion zwischen Mensch, Tier und Umwelt in Einem zu sorgen habe – somit um eine biotechnologische Neu-Fassung dessen, was eine veraltete Gesellschaftstheorie einmal „Gesellschaft“ genannt hat, und zwar unter dem Aspekt der „Gesundheitssicherheit“. Biosecurity ist Militär im Gewand der Gesundheit.
2. Biosecurity als Management der Krise der Kapitalakkumulation
Meine Aussage ist nun, dass dieses Biosecurity-Dispositiv gleich auf mehreren Ebenen das zur Verfügung stellt, was der krisengeschüttelte Kapitalismus der Gegenwart braucht. Ich kann auf diese Krise hier nicht im Detail eingehen. Aber folgender Punkt ist für das Nachfolgende zentral. Der Kapitalismus befindet sich in einer säkularen Stagnation, weil die Möglichkeit, mittels Investitionen in die produzierende Industrie Gewinne zu erzielen, dramatisch schrumpft. Wir haben es seit den 1960er Jahren mit einer stetigen, jeweils nur immer für kurze Zeit unterbrochenen Abnahme der Produktivitätszuwächse zu tun, und nur mit diesen Produktivitätszuwächsen kann der Kapitalismus Gewinne erwirtschaften. An dieser Zuwachs-Schwäche ändert auch die sogenannte Industrialisierung 4.0 nichts. Im Gegenteil, sie beschleunigt diese Tendenz. Der Effekt davon ist, dass Gewinne heute eigentlich nur noch im hochspekulativen Finanzsektor zu erzielen sind. Fabio Vighi spricht deshalb von einer „kreditgetriebenen Wachstumssimulation“. Diese hat den Preis von im Hintergrund stets drohenden und immer grösser werdenden Finanzkrisen, zu deren Bewältigung es dann wiederum ein autoritäres Krisenmanagement braucht. Der Kapitalismus ist deshalb, so Vighi, nicht einfach in einer Krise, sondern die Krise ist zu seiner eigentlichen Regierungsform geworden.
Krisen sind jedoch aus der Perspektive der Kapitaleigner auch nützlich: Als kontrollierte Entwertungen – von Volkseigentum, aber auch von kleinerem Privateigentum – ermöglichen sie neue lukrative Anlagemöglichkeiten. Es handelt sich hier um eine „Akkumulation durch Enteignung“, wie David Harvey dies nennt.
Für die Bevölkerung bedeutet all dies aber primär eine Absenkung des Lebensstandards. Und hier kommt das Biosecurity-Dispositiv zum Zuge. Es verwaltet die im Zuge solcher Absenkungen zu erwartenden Aufstände. Aber noch viel wichtiger, und das ist das, was mir an den Lockdowns so zentral erschien: es sollte uns an eine digitale Armut gewöhnen. Damit meine ich gerade nicht, dass den Armen in der Sahelzone noch der Zugang zum Internet fehlt. Ich meine umgekehrt, dass die digitale Lebensweise eine Form der Verarmung ist, die nicht als solche erscheint und die sich insbesondere in der Linken großer Beliebtheit erfreut: Digitale Spaziergänge zum Schutz der Natur, 10-Minuten-Städte zum Schutz des Klimas, Schwimmen am Bildschirm zum Schutz der Strände. Die Digitalisierung ist in erster Linie eine Form der Verarmung, wie sie im globalen Süden schon seit Jahrzehnten in Gang ist und nun auch auf den globalen Norden ausgedehnt werden soll.
Ich fasse das, was das Biosecurity-Dispositiv in Bezug auf die Absenkung des Lebensstandards im globalen Norden leistet, in den folgenden vier Punkten zusammen:
- Als Gesundheitsdispositiv geht es bei Biosecurity in erster Linie darum, den wertschöpfungsschwachen Care-Sektor durch wertschöpfungsstarke, aus der industriellen Produktion stammende Produkte zu ersetzen: Anstelle der menschlichen Pflege treten technological devices, technische Gerätschaften also, die die Arbeitsintensität der Care-Arbeit durch ein industriell hergestelltes Produkt oder einen digitalen Service – z.B. eine Therapie-App – ersetzen, um so der Produktivitätskrise etwas entgegenzusetzen: Mit Geräten sind Profite zu erwirtschaften, mit Care-Arbeit kaum. Im Gegenteil: es ist der stets wachsende Care-Sektor, der für die stagnierende gesellschaftliche Gesamtproduktivität verantwortlich ist. Und deshalb soll, so die Logik, in diesem Sektor die arbeitsintensive und somit wertschöpfungsschwache Hand- und Sorgearbeit realer Menschen durch hochtechnologisierte Abläufe ersetzt werden. Wir haben deshalb beim Feministischen Lookdown von Anfang an gesagt, dass wir es mit einer aktiv betriebenen „Personalschrumpfung“ im Gesundheitswesen zu tun haben und nicht einfach mit einem Personalmangel! Das Corona-Regime ist so betrachtet ein gigantischer Angriff auf den Care-Sektor, und ich verstehe bis heute nicht, warum das die Feministinnen so gar nicht interessiert.
- Generell und unmittelbar daran anschließend kann man in Anlehnung an Andrea Komlosy das Biosecurity-Dispositiv auch als Versuch interpretieren, die sogenannten MANBRIC-Technologien als neue Leittechnologie und die Gesundheit als neuer Leitsektor eines neuen Akkumulationszyklus zu etablieren. MANBRIC steht dabei für Medical, Additive, Nano-, Bio-, Robo, Info-, and Cognitive Technologies, also jene Technologien, mit denen dieses Dispositiv privilegiert arbeitet.
- In diesem Zusammenhang stehen insbesondere auch, und hier beziehe ich mich auf die Arbeiten von Amrei Müller, die von dem Biosecurity-Komplex neu geschaffenen Produkte, die es für die Pandemievorsorge und
-bekämpfung braucht und die im Chargon der WHO kurioserweise PHEIC-Produkte heißen: PHEIC steht dabei für Public health emergency of international concern. Die Produktepalette für einen solchen PHEIC reicht dabei von Tests und Schutzmaterial bis hin zu Medikamenten, aber in erster Linie vor allem Impfungen. Wichtig daran ist: dies alles ist immer vorrätig zu halten, laufend zu adaptieren und für die ganze Weltbevölkerung zu produzieren. Ein enormes Wirtschaftsankurbelungsprogramm also. - Der wichtigste Punkt scheint mir aber, dass dieses Dispositiv eine sehr spezifische Form der Aufstandbekämpfung durch Isolation und Manipulation der Wahrnehmung beinhaltet. Insbesondere geht es auch um die Prävention von Aufständen: Isoliert vor dem Bildschirm und komplett verwirrt, wie wir durch die permanente Informationsberieselung alles sind, die uns gleichzeitig immer unwissender macht, ist es uns nicht mehr möglich, zu formulieren, was eigentlich unsere Probleme sind. Das ist auch nicht mehr notwendig, denn eine Task Force hat längst die Artikulation unserer Bedürfnisse an unserer statt übernommen. Wenn es keinen Bereich des Politischen mehr gibt, braucht es auch keine politische Artikulation mehr …
3. Die Rolle der Linken: Ideologische Bemäntelung der Kapitalinteressen
Ich komme zum Schluss: Die Antworten auf das Auftreten des neuen Corona-Virus und hier insbesondere die durch die Lockdowns induzierte Wirtschaftsschrumpfung kamen einer gezielten Absenkung des Lebensstandards breiter Bevölkerungsschichten im Norden und einer massiven Verschärfung des Nord-Südgefälles gleich. Warum sage ich gezielt? Die Verantwortlichen für die Corona-Strategie-Empfehlung der WHO hatten, wie Toby Green und Thomas Fazi in ihrem Buch überzeugend darlegen, Kenntnis über folgende Sachverhalte:
- Bis 2019 war es Standardwissen in der WHO, dass man ein respiratorisches Virus nicht mit Lockdowns eindämmen kann.
- Die Maßnahmen waren nicht notwendig, da Covid-19 nicht dermassen gefährlich ist, dass es solch drastische Maßnahmen rechtfertigen könnte.
- Die Lockdown-Maßnahmen haben weltweit, insbesondere im globalen Süden, aber vermutlich auch bei uns, sehr viel mehr Todesopfer gefordert als Menschen an Covid-19 verstorben sind.
Die für diese Strategie Verantwortlichen haben dies bewusst in Kauf genommen.
Selbstverständlich ist es nicht dasselbe, ob etwas bewusst in Kauf genommen wird oder eigens dafür geplant wurde. Ich kann – zum jetzigen Zeitpunkt – nicht beurteilen, welches der beiden Szenarien hier zum Zuge kam. Was aber jedenfalls zutrifft, ist, dass diese Strategie in eine Paßförmigkeit zu den Erfordernissen der Kapitalakkumulation resp. zur Krisenbewältigung des heutigen Kapitalismus gelangte.
Das Besondere an dieser Situation: Es war die „Linke“, der es gelungen ist, diese Erfordernisse nicht als das erscheinen zu lassen, was sie sind, eine Antwort auf die Krise der Kapitalakkumulation, sondern sie in etwas zu verwandeln, das angeblich unbefragbar unser aller tatkräftiges und solidarisches Engagement verlangt.
Was also ist Corona? Es ist eine Form einer zunehmend totalitären Krisenverwaltung des Kapitalismus, die mit Hilfe der Linken Akzeptanz, ja Zustimmung und zuweilen sogar Begeisterung zu generieren vermag. Ein bizarres Bündnis zwischen Kapital und der „Linken“ also.
Ich habe für dieses Bündnis den Begriff des postideologischen Totalitarismus geprägt. Postideologisch deshalb, weil dieses Dispositiv außerhalb seiner „Lösungsorientiertheit“ kein „höheres“ Ideal zu kennen scheint. Dass unter diesem Getöse der Lösungsorientiertheit völlig in den Hintergrund tritt, wer eigentlich die Definitionsmacht hat, das Problem zu definieren, zu dessen Lösung man uns zusammenruft, ist das Perfide an dieser Konstellation.
Literatur
Christian Bauer (2024): Waren die Corona-Impfstoffe wirklich so erfolgreich und haben Millionen Menschen gerettet? Blogbeitrag auf https://www.linksbuendig.ch/
Simon Elmer (2022): The Road to Fascism. For a Critique of the Global Biosexurity State. London: ASV (Architects for social housing)
Toby Green (2021): The Covid Consensus. The new Politics of Global Inequality. London: Hurst
Toby Green/ Thomas Fazi (2023) The Covid Consensus. The Global Assault on Democracy and the Poor – A Critique form the Left. London: Hurst
David Harve (2003): The New Imperialism. Oxford: Oxford University Press
Jacques Lacan (1991): Le Séminaire, libre XVII. Paris: Seuil
Andrea Komlosy (2022): Zeitenwende. Corona, Big Data und die kybernetische Zukunft. Wien: Promedia.
Amrei Müller/ Silvia Behrend (04.05.2024): WHO-Pandemievertrag: Schleichende Militarisierung der Pandemiepolitik, Berliner Zeitung
Massimo Recalcati (2022/ital. Orig. 2007): Das Verschwinden des Begehrens und der postideologische Totalitarismus. In: Soiland, Tove / Frühauf, Marie / Hartmann, Anna (Hrsg.): Postödipale Gesellschaft (Bd. 1). Berlin/Wien: Turia + Kant 2022, S. 331-363.
Colette Soler (2022): Psychoanalyse und Politik. Sigmund Freud Vorlesung 2021. Aus dem französischen von Brita Pohl. Wien/Berlin: Turia + Kant.
Fabio Vighi (2023): Die Untergangsschleife: Covid-19 und das Zeitalter der kapitalistischen Dauerkrise. In: Andreas Urban (Hg.): Schwerer Verlauf. Corona als Krisensymptom. Wien: Promedia, S. 21-46
Fabio Vighi (29. Mai, 2023): Gradually, then Suddenly? Crisis Capialism and its Disavowals. In: The Philosophical Salon.
https://thephilosophicalsalon.com/gradually-then-suddenly-crisis-capitalism-and-its-disavowals/