Politisches Willkommen

Hallo, herzlich Willkommen. Bevor wir mit dem Programm anfangen, möchten wir noch ein paar einleitende Sätze sagen. Schön, dass ihr es alle hierhin geschafft habt. Das ist ausnahmsweise keine Floskel, sondern angesichts der Idee, die wir mit dem Non-Kongress verbinden eine wirklich erfreuliche und mutmachende Sache. Weil es bedeutet, dass wir nicht komplett an der Realität vorbei gewettet haben. Der Non-Kongress ist nämlich für uns eine Wette darauf, dass zwei damit verbundene Anliegen klappen können:

1. Wir hoffen, Freunde zu finden, obwohl wir uns insgeheim natürlich immer fürchten, angesichts der Erfahrungen der letzten vier Jahre, dass vielleicht zu viele unsere Anliegen gar nicht teilen werden. Denn unser Treffen setzt weder auf unmittelbare praktische noch auf strategische Vorschläge. Es setzt zunächst einmal darauf, dass wir auf der Suche sind.

2. ein Anliegen in doppelter Bedeutung des NON:

– Wir sind auf der Suche nach Orten und Menschen, die von der überzeugten Zurückweisung, vom Antagonismus zu den herrschenden Verhältnissen durchtränkt sind. Diese Orte werden andere sein, als die die wir schon immer im Kopf haben, die Menschen werden andere sein als die, mit denen wir immer schon gekämpft haben. Das schon deshalb, weil das meiste um uns herum wohl kaum noch ernsthaft als Kämpfe bezeichnet werden kann.

– Das NON richtet sich aber auch darauf, dass ein Kongress eigentlich gar nicht möglich ist. Weil Kongresse immer auf eine wie auch immer geartete Form von Öffentlichkeit, öffentlichen Räumen und öffentlichen Verfahren setzen, die es so gar nicht mehr gibt. Ob wir das mit Hannah Arendt der „Strukturlosigkeit“ totaler Herrschaft zuschreiben, oder mit Baudrillard die Welt nur noch als Simulakrum verstehen, bleibt gleich. Das NON bezeichnet auch die Sprachlosigkeit gegenüber der Frage danach, was Politik sein müsste. Oder noch eindeutiger: Ob nicht eigentlich die Sprachlosigkeit, also das Schweigen die zur Zeit angemessene Form von Politik wäre.

– Und vielleicht ist es sogar dreifach gemeint. Denn das NON bzw. einer der Texte der uns zusammengeführt hat und von dem das NON entlehnt ist, ist kein in Deutschland entstandener Text; kein Zufall. Denn wir meinen, dass es dringender denn je ist unseren Horizont unmittelbar an der gemeinsam geteilten Realität zu entwickeln und diese ist eben nicht deutsch oder national. Die Totalität der Macht ist global. Insofern freuen wir uns nochmal ganz besonders, dass so viele FreundInnen von jenseits der Provinz Deutschland das Wochenende mit uns verbringen.

In diesem Sinne wollen wir mit euch das Wochenende verbringen: Eine Idee von der Welt zu kriegen, mit der wir gebrochen haben und weiter brechen müssen, eine Idee davon zu kriegen, was es bedeuten könnte zu Schweigen, wenn es nicht darum gehen kann gleichgültig zu werden; angelehnt an Bifo Berardi, der geordnete Rückzug als Kriegermönche in die Klöster?; was könnte es heißen anzugreifen, wenn jeder Angriff ins Leere läuft; Angelehnt an Giorgio Agamben und seine Bibelarbeiten, Das leben als-ob-nicht wie die urchristlichen Gemeinden?; was könnte es bedeuten, das Ziel der sozialistischen Weltrepublik aufzugeben, ohne die Gerechtigkeit für Alle aufzugeben, Kommunen ohne Mauern? Wie auch immer: Wir werden uns hoffentlich diesen Fragen nähern. Wir freuen uns auf das Wochenende. Die Suche nach einem gemeinsamen Fundament und dem Trennenden.

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